Sehr geehrte Frau Hügenell,
zu Ihrem Kommentar „Verhöhnung der Opfer“ in der SZ vom 15. Januar erlaube ich mir eine kritische Replik.
Wir haben uns bereits nolens volens an extreme Positionierungen und damit einhergehende Rhetorik zum Thema Corona gewöhnt. Ihr Kommentar ist einer von vielen und ich respektiere Ihre persönliche Meinung, auch wenn ich Ihnen in der Sache an einigen Stellen widerspreche. Ihr Tonfall ist allerdings einer überregional gelesenen Zeitung wie der SZ, wenngleich seit langem im intellektuellen Sinkflug, ganz und gar unwürdig.
Zum Inhalt. Sie kritisieren eine mutmaßliche Straftat, das Ausstellen falscher Atteste. Man könnte auch eine Vorverurteilung heraus lesen. Nur: Wie konnte Ihnen entgehen, dass es an der Tauglichkeit der Maske zum Selbst- und Fremdschutz in Fachkreisen durchaus erhebliche, valide Zweifel bestehen? Sie mögen zur Positionierung der „Ärzte für Aufklärung“ stehen, wie Sie wollen, aber deren stattliche Literatursammlung zum Thema „Mund-Nasen-Bedeckungen – Sinn oder Unsinn?“, aus der Rolf Kron seine fachliche Auffassung zieht, sollte Ihnen doch auf jeden Fall begegnet sein, bevor Sie Ihren Kommentar verfassten. Sicher haben Sie auch nicht das Experiment unternommen, in einer Apotheke eine Maske gegen Viren (laut Beipackzettel) zu kaufen. Die gibt es nämlich nicht – probieren Sie das doch bitte mal aus.
Ich darf Ihnen als Fachmann versichern, dass eine Staubschutzmaske vom FFP-Typ, ein typisches Baumarkt-Produkt für Handwerker bei staubigen Arbeiten, nicht geeignet ist, Nanopartikel mit 200 nm mittlerem Teilchendurchmesser, also der Größenordnung von Viren, vollständig zurück zu halten. Wären die Poren der Maske so eng, dann bräuchte der Träger der Maske massiven Kraftaufwand, seine Atemluft einzusaugen. Schließt die Maske nicht dicht, wird der Anteil an ungefilterter Luft so groß, dass ohnehin viel Luft beim Einatmen am Filter vorbei strömt. Wirksamer Selbstschutz funktioniert also schon einmal nicht. Beim Fremdschutz ist es nicht besser. Das Ausatmen, erst recht ein Huster oder Nießer, wird die Maske zwangsläufig abheben und der exhalierte Luftstoß gelangt ungefiltert in die Umgebung. Wenn dann ein Virus durch die Maske gelangt, kommt der wesentliche Unterschied zu einem toten Staubpartikel zum Tragen: Das Virus kann sich leider, einmal in einen neuen Wirt gelangt, dort millionenfach vermehren. Es ist also völlig unerheblich, 80% zurück zu halten, wenn auch nur 20% durch die Maske gelangen. Aus dieser einfach formulierten, logischen Überlegung heraus bitte ich Sie, noch einmal über den Sinn der Masken nachzudenken. Vielleicht können Sie sogar von Ihrer durchaus extremen, fachlich unhaltbaren Position abrücken und sich über die qualifizierte Anwendung von MNS, die es ja gibt, informieren?
Es ist eine ebenfalls leicht recherchierbare und nachvollziehbare Tatsache, dass es keinem Menschen auf dieser Welt besser geht, wenn er seine Atmung durch ein Drosselventil mit Abgasrückführung leiten muss. Um Menschen, die von Haus aus beim Treppensteigen nach Luft ringen, besteht berechtigte Sorge. Von nichts Anderem handeln Rolf Krons Überlegungen und die anderer Fachleute. Mein persönliches Verständnis dafür, ihm deshalb die Praxis mit einem stattlichen Polizeiaufgebot auf den Kopf zu stellen, hält sich also aus rein sachlichen Gründen in Grenzen.
Sie, Frau Hügenell, liegen aus meiner Sicht mit Ihren Grundannahmen völlig falsch und haben darüber hinaus die zugehörige Fachliteratur nicht gelesen. Das alleine ist zwar bedauerlich, aber noch diskutabel. Ich helfe Ihnen gerne bei der Informationsbeschaffung.
Zum Tonfall Ihres Kommentars sei Ihnen nun aber aufgeschrieben, dass ich es wirklich leid bin, mir moralisierende Predigten von Uninformierten anhören oder durchlesen zu müssen. Warum denn immer wieder das Totschlagargument vom Corona-Leugner? Niemand leugnet, dass es die Krankheit Covid-19 gibt und unsere Krankenhäuser gerade jetzt in der ARE-Saison an die Grenzen ihrer Möglichkeiten gelangen. Verschärfend wirkt es, dass ausgerechnet im Pandemie-Jahr 2020 ein paar Dutzend Kliniken in Deutschland ihre Pforten schlossen und Personal und Intensivkapaztitäten nicht etwa aufgestockt, sondern großzügig abgebaut wurden. All das haben Sie ja mitbekommen. Ja, die Krise ist da, wenn auch sicher nicht nur wegen der so genannten Pandemie und den durchaus existenten, schweren Verläufen von Covid-19. Die streitet doch gar keiner ab? Gerne unterhalten wir uns darüber, ob angesichts völlig stabiler Belegungszahlen ein echter Notstand gegeben ist. Die Zahl der durch Covid-19-Patienten belegten Intensivbetten sinkt indes, zu Ihrer Information, seit 3. Januar und die berichteten Todeszahlen sind sowohl eine Teilmenge der natürlichen Sterblichkeit, als auch nicht nur durch Covid-19 zu erklären. Ich kann Sie nur dazu ermuntern, sich mit den vorliegenden Zahlen eingehend zu befassen oder fachkundigen Rat einzuholen, bevor Sie mit Ihrer Polemik das Sterbegeschehen in pietätloser Weise für eine politische Agenda instrumentalisieren!
Sie führen ferner aus, die Polizei FFB sei nicht der richtige Adressat für den Protest. Ist sie doch! Mit Bestürzung nehmen wir ja schließlich gemeinsam zur Kenntnis, dass die Polizei neuerdings Infektionsschutz betreibt, indem sie beispielsweise mit einer kaum auf Abstand zu haltenden Überzahl von Beamten Arztpraxen stürmt, in der Nachmittagssonne Schlittenfahrer vom Rodelhügel scheucht, oder nach 21:00 Uhr heimkehrende, einzelne Autofahrer mit ihren schwarzen Uniformen und Masken zu Tode erschreckt. Zugleich weisen unsere Ordnungshüter kaum messbare Erfolge beim Ausheben von kriminellen Clans, dem endemischen Drogenhandel oder der Einbruchkriminalität vor, und auch in den No-Go-Areas gewisser deutscher Großstädte scheint sich kaum Erfolg einzustellen. Der Denkanstoß durch eine Protestaktion gegen eine politisch motivierte Einschüchterungsmaßnahme, wie die hier besprochene, kommt ja vielleicht bei der Einsatzleitung oder gar der beauftragenden Staatsanwaltschaft an?
Dass der ehemalige Polizist Karl Hilz zwar durchaus Corona-maßnahmenkritisch, dazu konservativ und gesetzestreu eingestellt, aber keinesfalls ein Rechtsradikaler ist, sei Ihnen zuletzt aufgeschrieben, mit der Bitte, auch diese Tatsache einfach mal selbst zu recherchieren, statt den Quatsch nachzuplappern, die Querdenker seien rechtsradikal oder mit der (m.W. linksradikalen) RAF zu vergleichen. Diese wirren Gerüchte stammen von Politikern wie dem bayerischen Innenminister Joachim Herrmann, einem strammen Law-and-Order-Mann, der selbst innerhalb der CSU rechts seines Standpunktes kaum noch politisches Personal finden dürfte.
Ihre Auffassung erscheint mir also, zusammengefasst, unnötig fanatisch, undifferenziert, oberflächlich und – für mich als Wissenschaftler besonders schmerzhaft – sachunkundig. Den hausgemachten Notstand in den Kliniken ausgerechnet einem erfolgreichen (!) Arzt und Heilpraktiker in die Schuhe schieben zu wollen ist nicht nur fragwürdig, sondern auch offensichtlich nicht der Weg aus der Krise. Ich plädiere für zweierlei: Lassen Sie doch A) mal die fachlichen Argumente der Andersmeinenden auf sich wirken. Befreien Sie sich B) sodann von ihrem fanatischen Hass, der ja nur eine Folge eines Angstzustands sein kann, der sich wiederum aus Ihrem so eben dargelegten, wie ich meine erheblichen Informationsdefizit nährt.
Mit freundlichen Grüßen