Warum ich WhatsApp nicht nutze

Eine Einladung zum Mit- und Nachdenken

Vorwort

Die Selbstdarstellung, Kommunikation und das Pflegen des eigenen Netzwerks in den „Social Media“ ist zeitgemäß. Die Auswirkungen zu bewerten ist eine Frage der Nachrichtenlage, des gefühlten Nutzens und der persönlichen Erfahrung. Hier folgen einige Aspekte aus meiner Sicht, die für mich zum im Titel genannten Schluss führen. Ich bin dafür, Facebook, WhatsApp & Co. nur für das zu nutzen, wofür sie gut sind: für nichts. Die Nachteile überwiegen.

Aufgeschrieben habe ich das alles für die, die’s interessiert und um zu belegen, dass meine Einstellung nicht das Ergebnis von Querulanz, sondern einer tieferen Überlegung ist. Links und Quellenangaben bitte ich dabei nachzuvollziehen. Sollte eine ähnlich tiefe Recherche zu völlig anderen Ergebnissen führen, bitte ich um fundierten Widerspruch – ich lerne sehr gerne dazu.

WhatsApp als Dienstleister

WhatsApp startete 2009 als Übermittlungsdienst für Statusmeldungen an einen vordefinierbaren Kreis von Empfängern und entwickelte sich zum Kurznachrichtendienst weiter (Wikipedia-Eintrag zu WhatsApp). Der enorme Erfolg dürfte darin begründet sein, dass WhatsApp die damals überteuerte SMS ablöste. Ein Preisverfall war die Folge. WhatsApp war ursprünglich unbedeutend gebührenpflichtig. Heute sind SMS und WhatsApp i.d.R. kostenlos, die SMS dabei technisch aber überholt. Mit WhatsApp lassen sich Videos, Sprachnachrichten Bilder übertragen und der Bedienkomfort wird mehrheitlich als sehr gut empfunden. Ähnlich komfortabel bei noch größerem Funktionsumfang erscheint nur e-Mail: Nutzbarkeit auf allen Geräten, offenes Protokoll, verschlüsselbar, weltweit verbreitet, kostenlos.

Nachteilig ist offensichtlich, dass es sich bei WhatsApp um proprietäre Software handelt. Der komplette Funktionsumfang und das Protokoll liegen nicht offen, wie das z.B. bei e-Mail der Fall ist. Eine Schnittstelle zu anderen Kommunikationsmedien ist nicht vorgesehen; um per WhatsApp zu kommunizieren, muss die Software auf dem Endgerät, i.d.R. einem tauglichen Smartphone, installiert werden. Hardwarehersteller wie Apple und Samsung sind über den impliziten Zwang zum High-End-Gerät vermutlich erfreut. Es gibt Mobiltelefone für 15 € – damit geht’s nicht.

WhatsApp als Datensammler

Fragwürdig wurde der Service spätestens mit dem Verkauf von WhatsApp an FaceBook Inc. für 19 Mrd USD in 2014 – eine ungeheure Summe, die nur durch das gewerbliche Interesse von FaceBook an Kundenstamm und Nutzerdaten von WhatsApp zu erklären ist (Spiegel, 02/2014).

Bei der Installation wird das Adressbuch des Smartphones für WhatsApp zur Verwertung geöffnet. Der Nutzer stimmt dem zu, um die Software verwenden zu können. WhatsApp kennt auch die nicht-User, kann von diesen aber keine weiteren Daten sammeln.

Eine Strafe der EU-Kommission in Höhe von 110 Mio Euro für FaceBook anlässlich der erwiesenen Täuschung über die Verwertung der personenbezogenen Daten aus WhatsApp wurde von FaceBook 2017 akzeptiert und bezahlt
(Spiegel, 05/2017). Es ist damit klar, dass die Daten aus WhatsApp mit Profitabsicht verwertet werden.

Die 2016 eingeführte Peer-to-Peer Verschlüsselung als Maßnahme zum Datenschutz in WhatsApp ist aus meiner Sicht kaum mehr als ein Deckmäntelchen und eher als Maßnahme gegen den drohenden Verlust von Marktanteilen an Konkurrenten wie z.B. Threema zu verstehen. Was nützt eine Verschlüsselung, bei der der „Man In The Middle“, also der Spion selbst, den Schlüssel ausgibt? Die gleiche Kritik gilt auch den Mitbewerbern von WhatsApp: das Sammeln von Daten scheint der Geschäftszweck zu sein – was auch sonst? ((Anmerkung und Exkurs: diese technische Kritik gilt auch für andere, „verschlüsselte“ Protokolle wie HTTPS und S/MIME. Echte, sichere Peer-To-Peer Verschlüsselung lässt sich dagegen mit e-Mail und PGP sicher, seriös, kostenlos und ohne eine an Daten interessierte Schlüssel-Ausgabestelle realisieren. Das wird ganz offensichtlich kaum in der öffentlichen Diskussion um den Schutz persönlicher Daten erwähnt – ein Schelm, wer Böses dabei denkt)).

Sollen Sie doch mitlesen, mir egal!

Eben nicht! Die Folgen des so genannten Profilings (1) manifestierten sich im Ergebnis zweier Wahlen in 2016: der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten und dem enormen Erfolg der AfD bei der letzten Bundestagswahl. Im Falle Trump gibt die Agentur Cambridge Analytica unverhohlen Auskunft über die technischen Aspekte der Kampagne, die mit zum bekannten Wahlergebnis geführt hat. Im Falle AfD ist bekannt, dass die Wahlkampagne über soziale Netzwerke und dort angesiedelte Filterblasen geführt wurde. Profiling (1) ist laut DSGVO in der EU schlichtweg verboten. Wie FaceBook mit gesetzlichen Bestimmungen umgeht ist indes bekannt und bereits oben beschrieben: die Strafe wird bezahlt, das Verhalten aber nicht geändert.

Soziale Netzwerke? Effizientere Kommunikation?

Weder sozial, noch effizient! Ich habe bereits mehrfach die Erfahrung gemacht, dass WhatsApp insbesondere über Gruppenfunktion eher als Instrument zum Ausschluss einzelner oder zur Bildung isolierter Kommunikationsblasen taugt, als als gutes Kommunikationsmittel. Der Gruppen-Chat nervt wegen seiner Inhaltslosigkeit, und die ständige Bedienung des Smartphones bindet drastisch zu viel wertvolle Zeit. Das Tippen von Nachrichten auf einem Touchscreen geht im Vergleich zu einer Computer-Tastatur lähmend langsam. Als GmbH-Betreiber, der seine Mobilnummer im Internet per Impressum veröffentlicht, war ich zudem einem Bombardement unerwünschter Anfragen und Angebote ausgesetzt. Personalisierte Werbung auf dem persönlichen Kommunikationskanal will ich nicht, und praktiziere sie auch selbst nicht.

Leidige persönliche Erfahrungen und die Beobachtung, dass es inzwischen Menschen gibt, die einen nennenswerten Teil ihres Lebens am Smartphone versäumt haben, ohne dabei irgend etwas zu lernen, brachten mich schon vor Jahren dazu, WhatsApp zu deinstallieren. Ergebnis: keinerlei Nachteil.

Fazit

Ich bevorzuge die Kommunikation per Telefon, SMS und e-Mail, kontrolliere Vertraulichkeit mit Verschlüsselung per PGP, einem für alle Betriebssysteme verfügbaren Standard (2), und lasse die Finger von vordergründig wohlmeinenden, tatsächlich aber an Daten, Inhalten und Adressen interessierten Veranstaltern wie WhatsApp. Ich berufe mich dabei auf Art. 10 Grundgesetz und die DSGVO, geltende Gesetze, gegen die WhatsApp offensichtlich verstößt. Meine Kommunikation und mein Netzwerk geht keinen etwas an.

Ein Beitrag von von Hagen Rether sieht das Ganze noch mal aus einer anderen, lustigen Perspektive.

Zur Einrichtung eines Sets von guten Kommunikationsmitteln, die es den bekannten Datensammlern zumindest sehr schwer machen dürften, mich zu analysieren, zu katalogisieren, in der Folge gefiltert zu informieren und zu bewerben, gebe ich sehr gerne Auskunft.


(1) Profiling: jede Art der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten, bei der diese Daten verwendet werden, um bestimmte persönliche Aspekte, die sich auf eine natürliche Person beziehen, zu bewerten, insbesondere um Aspekte der Arbeitsleistung, der wirtschaftlichen Lage, der Gesundheit, der persönlichen Vorlieben, der Interessen, der Zuverlässigkeit, des Verhaltens, der Aufenthaltsorte oder der Ortswechsel dieser natürlichen Person zu analysieren oder vorherzusagen.

(2) PGP: Pretty Good Privacy. Ein zwanzig Jahre alter, unknackbarer Standard zur Verschlüsselung von e-Mail, nach meiner Kenntnis einzigartig und frei verfügbar: